Dienstag, 26. Juni 2012

Bürgerbefragung zur Treitschkestraße


Wie oft hast Du Dir Gedanken über die Geschichte hinter dem Straßennamen gemacht? Ich für meinen Teile sehe Straßennamen komplett wertfrei, wenn es die Geschichte betrifft. Schließlich sagt man ganz locker: “Treffen wir uns in der Treitschkestraße, Ecke Lepsiusstraße.”
Treitschkestraße? Das geht doch nicht!

Heinrich von Treitschke war Historiker und Publizist. Von ihm stammt der Ausspruch: “Die Juden sind unser Unglück”. Und damit ist er eine bekannte Figur und Stichwortgeber des Antisemitismus und löste damit sogar den Berliner Antisemitismusstreit aus.
Darf eine Straße nach diesen Treitschke benannt werden?

Diese Frage stellt sich nicht nur die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Steglitz-Zehlendorf sondern sicher auch bald die Bewohner dieser Straße. Der Kulturausschuss der BVV beschloss mit 11 zu 4 Stimmen am 13. Juni. Genauer heißt es dort:

„Die BVV möge beschließen: Das Bezirksamt wird ersucht, unter allen für die BVV wahlberechtigten Anwohnern ab einem Alter von 16 Jahren, die mit 1. Wohnsitz am 01.07.2012 in der Treitschkestraße gemeldet waren, eine Befragung mit dem Ziel durchzuführen, vorhandene Zustimmung oder Ablehnung einer Umbenennung der Treitschkestraße festzustellen. Dazu wird den Betroffenen je ein amtlicher Abstimmungsbogen nebst Rückumschlag zugestellt, für dessen Rücksendung ein Monat Frist eingeräumt wird.“

Wer die vier Gegenstimmen waren? Nach der Presseerklärung der Grünen scheinbar die SPD.
Doch das half nichts, denn die Mehrheiten sehen in Steglitz-Zehlendorf anders aus.

Wenn also die letzten Hürden genommen wurden, kann die BVV erfahren wie die Anwohner der Treitschkestraße darüber denken. Sicherlich ein sehr wichtiger Schritt, denn ich kann mir vorstellen, dass viele sich der Vergangenheit des Namensgebers der Straße nicht bewusst sind. Damit ist es schon einmal ein Beitrag zur politischen und gesellschaftlichen Aufklärung.

Bei einer möglichen Umbenennung werden aber sicherlich andere Faktoren eine Rolle spielen: Kommt meine Post noch an? Muss ich mich selber beim Amt ummelden und meinen Personalausweis ändern lassen? Kostet mich das etwas?
Letztlich konnte jeder Bewohner bisher auch sehr gut in der Treitschkestraße wohnen und leben. Dieser Straßenname ist genauso ein Teil ihrer Geschichte. Es bleibt die Frage: Will man die Verknüpfung mit dem Heinrich weiterführen?

[So nebenbei: Die Navigation des BVV-Internetauftritts (eingebunden in berlin.de) ist grausig. Es spricht Bände, wenn man auf Unterseiten erklären muss wie man etwas findet, aber keine Links dahinsetzt. Eine Benutzerumfrage der BVV-Seite wäre auch sinnvoll, auch wenn in diesen Format sicher kaum jemand diese nutzt...]

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