Sonntag, 13. November 2011

Panik in den Köpfen


I wanna be a Billionaire
(c) DennisAycicek
Die Ratingagentur Standard & Poor's wertet Frankreich aufgrund eines Computerfehlers ab. Dieser Zustand hatte nur zwei Stunden angedauert bis die Korrektur folgte. Mittlerweile wurde bekannt gegeben, dass es sich um eine Comupterpanne handelte.
Dennoch, die Märkte an der Börse reagierten heftig auf diesen Fehler. Es zeigt deutlich welchen Einfluss die drei großen Ratingagenturen am Kapitalmarkt haben. Eine Meldung bringt Bewegung in die Kurse. Doch muss man nun wieder nach Folgen für diese Firmen rufen? Eine Zerschlagung? Strengere Regeln?

Wie wäre es mit Verstand für die Politik und vor allem für die Händler?
An der Börse handelt man binnen Sekunden große Werte. Fast alles läuft über ein Computersystem, aber dahinter stecken weiterhin Menschen. Die Rolle einer Ratingagentur dabei ist einfach: Sie bewertet Produkte und gibt eine Note ab. Zusammengefasst sind Standard & Poor's und die anderen beiden nur der Überbringer der Nachricht. Die reale Lage wird durch eine bessere Note nicht besser für die Staaten.

In der Immobilienkrise (also ein Strang zum Anfang dieser Krise) wurden die Ratingagenturen für ihre zu laxe Bewertung von Produkten kritisiert. Sie hatten die komplexen Finanzprodukte nicht mehr richtig verstanden und sahen das Risiko nicht in den großen Paketen. Bereits damals forderte man Konsequenzen und stärkere Regulierung.
Letztlich kam es auf Seiten der Politik nicht dazu, aber auf Seiten der Ratingagenturen. Sie wurden strenger und teilweise genauer. Also erfüllten sie die Forderungen der Politik in Europa. Aber dieser strenge Blick wurde auch auf die Staatsanleihen gelegt. Dies scheint der Politik auch nicht zu gefallen.
Bevor die Ratingagenturen ganze Staaten herabstufte, hörte man der breiten Öffentlichkeit so gut wie nie etwas über Verschuldungsgrade einzelner Staaten. Mittlerweile weiß eigentlich fast jeder, dass Deutschland rund 80% der Wirtschaftsleistung an Schulden hat.

Die Ratingagenturen wurden sensibler und kommunizierten dies auch nach außen. Die Reaktion der Märkte dazu ist aber immer sehr interessant:
Im Grunde kann jeder nachlesen wie viel Schulden ein Staat hat, wie die Lage ist und die Zukunftsaussicht. Dies wird wochenlang durch alle Zeitungen getragen. Aber wenn aufgrund dieser Zahlen plötzlich die Note für eine Anleihe sinkt, dann herrscht Verkaufspanik an den Märkten. Und diese Panik schwappt immer wieder zur Politik über als ob die Lage sich bessern würde, wenn man die Probleme verschweigt.

Folgende Folgerungen gewinnt man daraus:
  • Ein Großteil von Börsengeschäften ist Emotion und Glaube. Fundierte Zahlen werden gerne herangezogen, aber letztlich benötigt es Vertrauen in ein Produkt oder Staat. Durch reine Verbesserungen von einzelnen Kennziffern wird keine Verbesserung erreicht. Schließlich bewertet man die zukünftigen Aussichten und dazu gehört auch die politische Klasse. Ist diesefähig das Land in eine sichere Zukunft zu steuern?
  • Scheinbar läuft ein automatischer Handel bzgl. der Noten von Ratingagenturen ab. Dies hängt mit den Basel-Abkommen zusammen, die regeln wie viel Eigenkapital für Finanzprodukte zurückgehalten werden muss und was als solches zählt. Gut bewertete Produkte benötigen weniger. Sobald aber die Note fällt, braucht man mehr Geld und stößt Teile dieser Produkte ab. Der Kurs fällt und andere ziehen nach.
  • Dabei hatte sich die Politik gefreut, dass die Eigenkapitalhinterlegung auch über solch Noten erfolgen kann. Schließlich waren die meisten Staaten immer AAA gewertet und damit begehrt als Sicherung. Es war eine Art Pakt für eine höhere und kostengünstigere Verschuldung der Staaten und Gewinnausweitung von Banken. Das System klappt nun nicht mehr, da die Ratingagenturen wie gefordert nicht mehr nur oberflächlich prüfen.
Die Markteilnehmer in der Gesamtheit scheinen auch nicht besonders beschlagen zu sein. Fakten sind seid Wochen bekannt, aber kaum trudelt eine Nachricht über die Note ein, wird ver- oder gekauft. Es wirkt wie ferngesteuert. Wahrscheinlich ist es sogar so, dass das kritische Hinterfragen nicht mehr stattfindet. Aktion statt Denken. Muskeln statt Hirn.

Die Euro-, Banken-, Finanz-, Wirtschafts-, … und was nicht noch alles für eine Krise kann nur gelöst werden, wenn wieder Verstand in alle Beteiligten eintritt.
Diese bedeutet auf Seiten der Politik: die nächsten Wahlen haben damit nichts zu tun und der gemeine Bürger versteht die komplexen Zusammenhänge nicht (wahrscheinlich die Mehrheit des Parlaments auch nicht).
Die Banken müssen sich fragen, ob man sich auf neue Regeln zur Eigenkapitalisierung einigen muss. Zudem steht die Frage im Raum, ob man jedes Jahr den Gewinn steigern muss.
Die Investoren brauchen aber vor allem eins: ein Gehirn. Sie müssen selber nachdenken und realisieren, dass man nicht jedes Jahr aufs Neue zweistellige Renditen erreichen kann. Die Bescheidenheit muss einkehren, zusammen mit viel Realität.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen