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(c) DennisAycicek |
Dennoch, die Märkte an der Börse reagierten heftig auf
diesen Fehler. Es zeigt deutlich welchen Einfluss die drei großen
Ratingagenturen am Kapitalmarkt haben. Eine Meldung bringt Bewegung in die
Kurse. Doch muss man nun wieder nach Folgen für diese Firmen rufen? Eine
Zerschlagung? Strengere Regeln?
Wie wäre es mit Verstand für die Politik und vor allem für
die Händler?
An der Börse handelt man binnen Sekunden große Werte. Fast
alles läuft über ein Computersystem, aber dahinter stecken weiterhin Menschen.
Die Rolle einer Ratingagentur dabei ist einfach: Sie bewertet Produkte und gibt
eine Note ab. Zusammengefasst sind Standard & Poor's und die anderen beiden
nur der Überbringer der Nachricht. Die reale Lage wird durch eine bessere Note
nicht besser für die Staaten.
In der Immobilienkrise (also ein Strang zum Anfang dieser
Krise) wurden die Ratingagenturen für ihre zu laxe Bewertung von Produkten
kritisiert. Sie hatten die komplexen Finanzprodukte nicht mehr richtig
verstanden und sahen das Risiko nicht in den großen Paketen. Bereits damals
forderte man Konsequenzen und stärkere Regulierung.
Letztlich kam es auf Seiten der Politik nicht dazu, aber auf
Seiten der Ratingagenturen. Sie wurden strenger und teilweise genauer. Also
erfüllten sie die Forderungen der Politik in Europa. Aber dieser strenge Blick
wurde auch auf die Staatsanleihen gelegt. Dies scheint der Politik auch nicht
zu gefallen.
Bevor die Ratingagenturen ganze Staaten herabstufte, hörte
man der breiten Öffentlichkeit so gut wie nie etwas über Verschuldungsgrade
einzelner Staaten. Mittlerweile weiß eigentlich fast jeder, dass Deutschland rund
80% der Wirtschaftsleistung an Schulden hat.
Die Ratingagenturen wurden sensibler und kommunizierten dies
auch nach außen. Die Reaktion der Märkte dazu ist aber immer sehr interessant:
Im Grunde kann jeder nachlesen wie viel Schulden ein Staat
hat, wie die Lage ist und die Zukunftsaussicht. Dies wird wochenlang durch alle
Zeitungen getragen. Aber wenn aufgrund dieser Zahlen plötzlich die Note für
eine Anleihe sinkt, dann herrscht Verkaufspanik an den Märkten. Und diese Panik
schwappt immer wieder zur Politik über als ob die Lage sich bessern würde, wenn
man die Probleme verschweigt.
Folgende Folgerungen gewinnt man daraus:
- Ein Großteil von Börsengeschäften ist Emotion und Glaube. Fundierte Zahlen werden gerne herangezogen, aber letztlich benötigt es Vertrauen in ein Produkt oder Staat. Durch reine Verbesserungen von einzelnen Kennziffern wird keine Verbesserung erreicht. Schließlich bewertet man die zukünftigen Aussichten und dazu gehört auch die politische Klasse. Ist diesefähig das Land in eine sichere Zukunft zu steuern?
- Scheinbar läuft ein automatischer Handel bzgl. der Noten von Ratingagenturen ab. Dies hängt mit den Basel-Abkommen zusammen, die regeln wie viel Eigenkapital für Finanzprodukte zurückgehalten werden muss und was als solches zählt. Gut bewertete Produkte benötigen weniger. Sobald aber die Note fällt, braucht man mehr Geld und stößt Teile dieser Produkte ab. Der Kurs fällt und andere ziehen nach.
- Dabei hatte sich die Politik gefreut, dass die Eigenkapitalhinterlegung auch über solch Noten erfolgen kann. Schließlich waren die meisten Staaten immer AAA gewertet und damit begehrt als Sicherung. Es war eine Art Pakt für eine höhere und kostengünstigere Verschuldung der Staaten und Gewinnausweitung von Banken. Das System klappt nun nicht mehr, da die Ratingagenturen wie gefordert nicht mehr nur oberflächlich prüfen.
Die Markteilnehmer in der Gesamtheit scheinen auch nicht
besonders beschlagen zu sein. Fakten sind seid Wochen bekannt, aber kaum
trudelt eine Nachricht über die Note ein, wird ver- oder gekauft. Es wirkt wie
ferngesteuert. Wahrscheinlich ist es sogar so, dass das kritische Hinterfragen nicht
mehr stattfindet. Aktion statt Denken. Muskeln statt Hirn.
Die Euro-, Banken-, Finanz-, Wirtschafts-, … und was nicht
noch alles für eine Krise kann nur gelöst werden, wenn wieder Verstand in alle
Beteiligten eintritt.
Diese bedeutet auf Seiten der Politik: die nächsten Wahlen
haben damit nichts zu tun und der gemeine Bürger versteht die komplexen
Zusammenhänge nicht (wahrscheinlich die Mehrheit des Parlaments auch nicht).
Die Banken müssen sich fragen, ob man sich auf neue Regeln
zur Eigenkapitalisierung einigen muss. Zudem steht die Frage im Raum, ob man
jedes Jahr den Gewinn steigern muss.
Die Investoren brauchen aber vor allem eins: ein Gehirn. Sie
müssen selber nachdenken und realisieren, dass man nicht jedes Jahr aufs Neue
zweistellige Renditen erreichen kann. Die Bescheidenheit muss einkehren,
zusammen mit viel Realität.
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